Die Schwangerschaft ist eine besondere und intensive Zeit für jede Frau – unangenehme Begleiterscheinungen können dabei aber auch auftreten. Dazu gehört unter anderem eine durchschnittliche Gewichtszunahme von zwölf bis fünfzehn Kilogramm, die nach der Entbindung oft nicht wieder gänzlich verschwinden. „Damit werdende und frisch gebackene Mütter gesund bleiben und sich in ihrem Körper wohlfühlen, sollten sie sich schon vor der Schwangerschaft mit dieser Thematik auseinandersetzen“, erklärt Univ.-Prof. Mireille van Poppel, PhD.
Die medizinische Biologin mit den Forschungsschwerpunkten Prävention, Gesundheit und Public Health hat sich in den vergangenen zehn Jahren insbesondere auf Schwangere spezialisiert: „Es ist wichtig, in dieser sensiblen und entscheidenden Phase die richtige Basis für ein nachhaltiges Gesundheitsbewusstsein zu legen. Dass davon gleich zwei Generationen, also Mutter und Kind, profitieren können, finde ich extrem spannend“, unterstreicht die Niederländerin, die seit Anfang des Jahres neue Professorin am Institut für Sportwissenschaft der Karl-Franzens-Universität Graz ist.
Van Poppel studierte Medizinische Biologie in Utrecht und absolvierte außerdem eine Ausbildung in Epidemiologie. In ihrer Dissertation untersuchte sie, wie man Rückenschmerzen am Arbeitsplatz vorbeugen kann. Der gesundheitlichen Prävention waren auch die kommenden zwanzig Jahre Forschungsarbeit an der Universität Amsterdam gewidmet, in denen sie zahlreiche unterschiedliche Interventionsstudien durchführte – zum Beispiel zur besseren architektonischen Planung von Gebäuden. „Immer ging es darum, Menschen dazu zu bringen, mehr Bewegung zu machen. Das ist nicht immer nur Einstellungssache: Auch die baulichen Vorgaben und das soziale Umfeld müssen stimmen“, so die Wissenschafterin.
Schwangere Frauen zu mehr Bewegung zu motivieren, sei nicht immer einfach, bestätigt van Poppel: „Vor allem jene Personen, die schon vor der Befruchtung übergewichtig oder adipös gewesen sind, schrecken oft davor zurück. Aber auch normalgewichtige Frauen haben nicht selten Angst vor Verletzungen oder glauben, Sport sei nicht gut für das Kind.“ Dabei belegen Studien gerade das Gegenteil – nämlich, dass regelmäßige, sanfte Trainingseinheiten sowohl der Mutter als auch dem Nachwuchs guttun und zwar nicht nur auf der körperlichen Ebene. „Es scheint auch mit der mentalen Gesundheit Zusammenhänge zu geben, wie wir an Personen mit depressiven Symptomen festgestellt haben“, so van Poppel. An dieser Stelle stellt die Forscherin klar: „Wenn man vorher schon aktiv war, eine unproblematische Schwangerschaft erlebt und sich dabei wohlfühlt, können Sportarten wie Schwimmen oder Nordic Walking in angepasster Intensität sehr lange betrieben werden.“ Bewegung sei auch ein gutes Mittel, um die – bis zu einem gewissen Grad natürliche – Gewichtszunahme während dieser Zeit nicht außer Kontrolle geraten zu lassen.
Ob schwanger oder nicht: Regelmäßige Bewegungseinheiten sollte jede/r in seinen/ihren Tagesablauf integrieren: Mindestens dreißig Minuten bei mittlerer oder höherer Intensität pro Tag sollten es sein. Oft genüge es, statt dem Lift die Stiegen zu nehmen und mit dem Rad in die Arbeit zu fahren oder Besorgungen zu machen, um auf dieses Pensum zu kommen, so van Poppel, die sich eine stärkere Lobby dafür wünscht: „Sich ausreichend zu bewegen wird meistens am Rande ‚mit empfohlen‘. Wie essenziell wichtig körperliche Aktivität für unsere physische und mentale Gesundheit ist, ist muss noch viel stärker ins allgemeine Bewusstsein gerückt werden.“ Hier kommt der Bereich Public Health ins Spiel: „Damit jede/r Einzelne die eigene Gesundheit fördern kann, braucht es viele Faktoren, die gut ineinander greifen müssen“, erklärt van Poppel.
So sei zum Beispiel die Politik gefordert – etwa beim Ausbau von Radstrecken oder bei der Unterstützung von ArbeitgeberInnen, denen Gesundheitsprävention ein Anliegen ist. PädagogInnen sollten Vorbilder sein und Bewegung aktiv in den Unterricht einbauen. „Generell müssten die Möglichkeiten, im Alltag aktiv zu werden, ausgebaut und sichtbarer gemacht werden: Stiegen sind zum Beispiel oft versteckt, während Lifte gleich ins Auge springen“, resümiert die Forscherin, die in ihrer Freizeit selbst gerne die Laufschuhe überstreift.